Der Limited Qualified Investor Fund - ein innovatives neues Fondsprodukt

Nachdem das Schweizer Finanzmarktrecht in den letzten Jahren zahlreiche Regulierungsschübe erlebt hat, erscheint es als erfreuliche Abwechslung, über eine Deregulierungsinitiative im Bereich des Asset Management berichten zu können. 

Die Schweiz ist bekanntlich ein wichtiger Standort für die Vermögensverwaltung und den Vertrieb von Finanzinstrumenten, weniger jedoch für deren Produktion. Dies liegt (neben dem eingeschränkten ausländischen Marktzugang von Schweizer Fondsprodukten und deren Managern sowie der Verrechnungssteuer) vor allem an unserem Rechtsrahmen, der eine Produktgenehmigung durch die FINMA vorsieht, was zu im internationalen Vergleich langen Markteinführungszeiten und relativ hohen Initialkosten führt.

Im Bestreben, die Wettbewerbsfähigkeit des Fonds-Produktionsstandortes und des Finanzplatzes Schweiz zu stärken, sieht das Kollektivanlagengesetz ("KAG") seit dem 1. März 2024 einen neuen interessanten Anlagefondstyp, den Limited Qualified Investor Fund ("L-QIF"), mit folgenden wesentlichen Merkmalen vor:

Rechtliche Struktur

L-QIF können als offene Kollektivanlagen, d.h. als Anlagefonds oder Investmentgesellschaften mit variablem Kapital ("SICAV"), sowie als geschlossene Kollektivanlagen in Form einer Kommanditgesellschaft für kollektive Kapitalanlagen ("KmGK") und somit in einer vom KAG vorgesehenen Form errichtet werden. Eine Errichtung in Form einer SICAF ist nicht möglich, da SICAF mit qualifizierten Anlegern (und ausstehenden Namenaktien) nicht dem KAG unterstellt sind (Art. 2 Abs. 3 KAG).

Somit ergänzen die neuen Art. 118a - 118p KAG und die entsprechenden Bestimmungen in der Kollektivanlagenverordnung ("KKV") die bestehenden Regelungen des KAG zu Anlagefonds, SICAV und KmGK.

Keine Produktgenehmigung

L-QIF müssen, anders als "normale" Schweizer Fondsprodukte, von der FINMA nicht genehmigt werden (Art. 118a Abs. 1 Bst. d, 13 Abs. 2bis KAG). Folglich sind weder der Kollektivanlagevertrag eines Anlagefonds, noch die Statuten und das Anlagereglement einer SICAV, noch der Gesellschaftsvertrag einer KmGK der FINMA zur Genehmigung vorzulegen.  

Die Abschaffung der Produktgenehmigung wird den Zeitaufwand für die Markteinführung (time-to-market) und die Initialkosten erheblich senken.

Das revidierte Gesetz sieht detaillierte Meldepflichten an das Eidgenössische Finanzdepartement im Zusammenhang mit der Übernahme oder Beendigung der Verwaltung eines L-QIF vor. Daneben führt die KKV laufende Meldepflichten aus statistischen Gründen ein.

Das Gesetz weist den Depotbanken von offenen L-QIF (Anlagefonds und SICAV) einige zusätzliche Kontrollfunktionen zu.

Liberale Anlage- und Diversifikationsvorschriften

Die Anlagevorschriften des KAG sind auf den L-QIF nicht anwendbar (Art. 118d Bst. a KAG). Das Gesetz spezifiziert weder den Umfang der möglichen Anlagen noch setzt es Grenzen für die Risikodiversifikation, so dass Investitionen in alle möglichen Anlageklassen ohne Diversifikation möglich sind.

Ferner bestehen keine Anlagebeschränkungen; Ausnahmen gelten allerdings für offene L-QIF, die Kredite in Höhe von maximal 50% des Nettofondsvermögens aufnehmen, maximal 100% des Nettofondsvermögens verpfänden oder zur Sicherung übereignen und ein Gesamtobligo von höchstens 600% des Nettofondsvermögens eingehen dürfen (Art. 126p Abs. 1 KKV).

Die zulässigen Anlagen, die Anlagestrategie, die Risikostreuung und die angewandten Anlagetechniken müssen in den massgebenden Dokumenten des L-QIF aufgeführt sein (Art. 118n, 118o KAG; Art. 126p Abs. 3, 126z KKV).

Das neue Gesetz statuiert für L-QIF sodann spezifische Risikoaufklärungspflichten, etwa die Pflicht, auf die besonderen Risiken von alternativen Anlagen hinzuweisen (Art. 118n Abs. 2 KAG; Art. 126o KKV).

Für offene Immobilien-L-QIF gelten besondere Informations- und Transparenzvorschriften (Art. 126t ff. KKV).

Verwaltung und Asset Management

Mangels Produktgenehmigung muss ein L-QIF in Form eines Anlagefonds oder einer SICAV von einer Fondsleitung verwaltet werden (Art. 118g Abs. 1, 118h Abs. 1 KAG). Ein als KmGK ausgestalteter L-QIF kann von seiner Komplementärin, die als Bank, Versicherungsunternehmen, Wertpapierhaus, Fondsleitung oder Verwalterin von Kollektivvermögen qualifiziert, (selbst-) verwaltet werden (Art. 118h Abs. 4 KAG). Erfüllt die Komplementärin lediglich die Bewilligungsvoraussetzungen nach Art. 14 KAG, muss die Verwaltung an einen Verwalter von Kollektivvermögen oder ein Finanzinstitut mit höherer Regulierung delegiert werden (Art. 118h Abs. 2 KAG).

Das Asset Management eines L-QIF wird von dessen Verwaltungsgesellschaft wahrgenommen, kann aber auch an einen Verwalter von Kollektivvermögen delegiert werden (Art. 118g Abs. 2 Bst. a, 118h Abs. 2 KAG). Da die Tätigkeit eines Verwalters von Kollektivvermögen auch von Finanzinstituten mit einer höheren Bewilligung ausgeübt werden kann (Art. 6 des Finanzinstitutsgesetzes ("FINIG")), kann eine Delegation an Banken, Wertpapierhäuser oder Fondsleitungen erfolgen. Hingegen sind Vermögensverwalter im Sinne von Art. 19 Abs. 1 FINIG nicht berechtigt, für L-QIF Anlageentscheide zu fällen.

Die Anlageentscheide können ferner an ausländische Verwalter von Kollektivvermögen übertragen werden, wenn diese in ihrem Sitzstaat angemessen reguliert und beaufsichtigt werden und wenn eine Vereinbarung zwischen der FINMA und der jeweils zuständigen ausländischen Aufsichtsbehörde über die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch besteht, sofern eine solche Vereinbarung nach ausländischem Recht erforderlich ist (Art. 118g Abs. 2 Bst. b KAG).

Nur qualifizierte Anleger

Wie der Name schon sagt, sind L-QIF nur für qualifizierte Anlegerinnen (Art. 118a Abs. 1 Bst. a KAG) zugänglich. Dazu gehören Privatkunden mit Vermögensverwaltungs- oder Anlageberatungsverträgen mit Finanzintermediären oder Versicherern im Sinne von Art. 10 Abs. 3ter KAG sowie institutionelle und professionelle Kunden im Sinne des Finanzdienstleistungsgesetzes. Eine Ausnahme gilt jedoch für vermögende Privatpersonen und deren private Anlagestrukturen (mit oder ohne professionelle(r) Tresorerie), die nicht in L-QIF investieren dürfen, welche direkte Immobilienanlagen tätigen (Art. 118a Abs. 1 Bst. b KAG).

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass sich der L-QIF für die Umsetzung von alternativen Strategien, bspw. in den Bereichen Privatmärkte, Risikokapital oder Immobilien, anbietet. Angesichts des fehlenden harmonisierten EU-Marktzugangs für Schweizer Fondsprodukte und -manager sowie der Verrechnungssteuer werden sich L-QIF gegenüber vergleichbaren Europäischen Produkten (wie etwa dem RAIF) aber nur dann durchsetzen, wenn hauptsächlich Schweizer Investoren angesprochen werden sollen.

Für weitere Informationen und Strukturierungsgespräche stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

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